Katzenwelse sind gar nicht so
Bei der Bezeichnung „Zwergwels" muss ich immer schmunzeln, wenn ich mir meine drei nordamerikanischen Gesellen ansehe. Da alle drei bald die 30-Zentimeter-Marke erreicht haben, kann man sie nicht gerade als Zwerge bezeichnen.
Um Ameiurus nebulosus haben sich nicht solche Legenden gebildet wie um den Waller. Wassergeflügel, Kleinsäugetiere, badende Hunde, ja, selbst unbeaufsichtigte Säuglinge wurden von den Ungeheuern in die Tiefe gezogen, wenn man solchen Geschichten aus den Donauländern Glauben schenken darf. Nein, die Lebensweise meiner Welse ist nicht so gruselig, wie das seiner großen Verwandten.
In einem 15-Liter-Becken pflege und züchte ich Corydoras pygmaeus. Bei diesen Winzlingen trifft die Bezeichnung wohl schon eher zu. Sicher, im Vergleich zu unserem einheimischen Waller, Silurus glanis, von dem Längen von bis zu fünf Metern angegeben werden, sind die Katzenwelse dann doch nur Miniaturausgaben. In freier Natur sollen die „Zwerge" bis 55 Zentimeter lang werden.
Um Ameiurus nebulosus haben sich nicht solche Legenden gebildet wie um den Waller. Wassergeflügel, Kleinsäugetiere, badende Hunde, ja, selbst unbeaufsichtigte Säuglinge wurden von den Ungeheuern in die Tiefe gezogen, wenn man solchen Geschichten aus den Donauländern Glauben schenken darf. Nein, die Lebensweise meiner Welse ist nicht so gruselig, wie das seiner großen Verwandten.
Äußerlichkeiten
Die Statur meiner drei Katzenwelse könnte man als untersetzt bezeichnen. Untersetzt heißt ja keineswegs dick. Nein, nur eben gedrungen und kräftig. Die Farben dieser Fische sind keine grellen Signal- oder Schockfarben. Nein, es sind eher die ruhigen, erdigen Nuancen, die die Fische tragen, darüber ein bronzefarbener Schimmer und vereinzelte bis zahlreiche feine helle Punkte. Die Unterseite ist meist weißlich gehalten. Anfangs, als die Welse wesentlich kleiner waren, sahen sie viel gräulicher aus. Winzlinge von 4 bis 6 Zentimetern tragen oft ein schwärzliches Jugendkleid.
Schwarz oder dunkel ist auch die ähnliche Art Ameiurus melas. Aber selbst für den versierten Welskenner sind die Arten kaum zu unterscheiden. Es gibt auch Bastarde dieser Welse. Tiere, die in Italien gezüchtet werden, sind angeblich A. melas.
Als Teichfisch
Im Frühjahr werden die kleinen Fische im Handel angeboten. Dennoch kenne ich kaum jemanden, der Zwergwelse pflegt. Teichfreunde setzen sie als Beifische in Ihren Goldfischteiche. Wahrscheinlich sterben aber immer viele in solchen Gewässern. Fressgierige größere Kois, Goldfische oder andere nicht ängstliche Karpfenartige lassen kaum einen Futterest aufkommen. Oft sind diese Wasserbecken ja nicht groß genug, um den Welsen ein Überleben ohne zusätzliche Fütterung des Pflegers zu gewähren.
Wenn der aufmerksame Teichbesitzer aber abends oder gar nachts, füttert, wachsen die Jungwelse auch zügig heran. Schon in einem Jahr kann sich ihre Größe mehr als verdoppeln.
Als ich die Welse vom Inhaber der Firma Blupp aus Empelde/Hannover bekam, waren sie zwischen 12 und 15 Zentimeter lang. Zuvor hatten sie etwa ein Jahr in einem Fertigteich gelebt. Das war im
Sommer 2002. Ein ängstlicher Kunde brachte die Tiere in das Fachgeschäft zurück. Er hatte wohl Sorge, dass sich die Welse zu fischfressenden, mordenden Monstern entwickeln. Es wird selbst in
seriöser Fachliteratur immer wieder davor gewarnt, größere Katzenwelse zu pflegen. Ich kenne allerdings keinen Teichbesitzer, dessen ganzer Fischbestand weggefressen wurde.
„The Cream"
In großen Aquarien sind diese herrlichen Burschen viel besser aufgehoben als in Zierteichen, in denen man die Fische ja sowieso kaum zu Gesicht bekommt, und deshalb halte ich sie auch in einem Aquarium. Hier können sie bei guter Pflege sechs bis acht Jahre oder auch noch älter werden. Große Fische bekommen von meiner Frau immer Namen. So wurden die drei Exemplare Jack, Eric und Ginger getauft. 50-jährige Aquarianer, die gleichzeitig Rockfans sind, werden sicher sofort bei diesen Namen an die legendäre Dreierformation „The Cream" denken. Jack Bruce, Eric Clapton und Ginger Baker waren damals Idole. Warum sollte man seine Lieblingsfische nicht so benennen. Das mit den Namen machen wir immer so, um die einzelnen Tiere gezielter beschreiben zu können. „Jack" und „Eric" hört sich auch besser an als „der Kleinere" oder „der Dicke". Apropos dick: Ginger, der rundlichste des Terzetts, scheint wohl ein Weibchen zu sein. Der stärkere Leibesumfang gilt als halbwegs einziges Merkmal, um die Geschlechter zu unterscheiden.
Fortpflanzung
Bei der Haltung verschiedener Geschlechter versucht der Pfleger natürlich auch seine Tiere zur Fortpflanzung zu bringen. Bei den Zwergwelsen ist das aber nicht so einfach. Erfolgreiche Nachzuchten in großen, ja selbst in größten Aquarien sind so gut wie unmöglich. In der Natur oder in großen Gartenteichen wird aber abgelaicht. Im späten Frühjahr erfolgt in einer nestartigen Grube die Abgabe der Eier. Der Laich wird bewacht und mit Frischwasser befächelt, ähnlich wie man es von anderen tropischen Welsen her kennt. Die geschlüpften Larven werden dann noch eine Zeit lang von den Elterntieren behütet und geschützt. Wichtig für eine erfolgreiche Nachzucht erwachsener Tiere scheint die kühle Überwinterung zu sein. Um sie zu ermöglichen, müsste man das Becken schon in einem kalten Kellerraum oder draußen frostsicher unterbringen.
Herkunft
Die ursprüngliche Heimat der Katzenwelse ist Nordamerika. Um 1900 wurden sie in Europa eingeführt und oft auch ausgesetzt. So sind diese Fische auch bei uns in einigen Gewässern anzutreffen. Bei den Anglern werden sie gerne als "Fischunkraut" bezeichnet. Unsere Väter und Großväter hielten die Bewohner der unteren Wasseretagen gerne als Beifische in den damals aktuellen Goldfischbecken. Ich hörte schon Klagen über das Abfressen der langen Flossenbehänge bei Schleierschwänzen. Wahrscheinlich war dieses nicht wünschenswerte Verhalten auf die zu engen räumlichen Verhältnisse in den damaligen Aquarien zurückzuführen.
Unterkunft
Zu beengt sollte man die Katzenwelse nicht halten. Ein 150-Liter-Becken ist für ein Einzeltier angemessen. Ein Paar oder meine „Cream" kommen mit einem 300- Liter-Aquarium aus, größer ist natürlich immer besser. Aber Zwergwelse sind ja auch nicht so bewegungsfreudig. In diesem Becken benehmen sie sich ganz gut.
Als Beifische schwimmen in dem 300-Liter-Bassin einige kleineAncistrus sp. und eine Handvoll Jamaikakärpflinge. Diese Mitbewohner werden weder verfolgt noch angegriffen. Überhaupt scheinen sich Ginger, Eric und Jack wenig für Lebendfutter wie Garnelen, Tubifex oder Mückenlarven zu interessieren. Regenwürmer werden schon mal gefressen, aber ihre Lieblingsspeise sind die Futtertabletten( braun oder grün mit Spirulina) und Forellenpellets. Auch Großflocken bekannter Futterhersteller werden bei Dämmerungsanbruch gerne genommen. Die drei wachsen gut dabei.
Beckeneinrichtung
Das Aquarium wird natürlich nicht beheizt. Auch eine Beleuchtung gibt es nicht. Lediglich durch das ein Meter entfernte Nordfenster fällt Licht von oben ein. Ein wöchentlicher 40-prozentiger Wasserwechsel mit kaltem Wasser aus der Leitung fördert das Wohlbefinden der Tiere. Man sollte immer daran denken, dass diese Welse ja Kaltwasserfische sind (6 bis 23 °C).Bei sommerlichen Höchsttemperaturen ist Vorsicht geboten. Ein Hamburger Mattenfilter über eine ganze Seitenwand sorgt für ungetrübte Freude.
Die Dekoration besteht aus großen Wurzeln und runden Steinen. Selbstverständlich gibt es auch drei verschiedene Unterschlüpfe aus Steinplatten. Alle Welse halten sich aber gerne mit gegenseitigem Körperkontakt in nur einer dieser Höhlen auf. Wenige Riesenvallisnerien in Blumentöpfen sorgen für eine angenehme Optik und werden wegen des Lichtmangels regelmäßig ausgetauscht. Die Hälfte der Wasseroberfläche ist mit Wasserlinsen bedeckt.
Fazit
Mit diesem Artikel habe ich versucht, für einen mittlerweile fast vergessenen, aber dennoch zeitlosen und überaus interessanten Aquarienbewohner zu werben. Zwar sind seit dem immer noch anhaltenden „L-Boom" Welse wieder aktuell. Auch größere Raubwelse werden immer beliebter. Aber gerade der Zwergwels wäre einmal eine schöne Alternative zu den bunten Tropenbewohnern.
Und ich wette: Ihren neuen L- Wels für 100 Euro oder mehr bekommen Sie auch nicht öfter zu Gesicht als ich meine nette Dreiergruppe - Eric, Jack und Ginger.
Reinhold Wawrzynski